15.07.2016

„Niemand soll alleine sterben“

Brückendienst und Seelsorge im Altenpflegeheim St. Paulus

Wenn die Zeit gekommen ist, sind sie da – Birgit Lichtenstein und ihre fünf Mitstreiter des Brückendienstes im Altenpflegeheim St. Paulus. Ehrenamtlich begleiten sie die Bewohner während ihrer letzten Stunden, spenden Trost und Hören zu. Ihr großes Anliegen: „Niemand soll alleine sterben“. Geleitet vom christlichen Menschenbild ist der Brückendienst fester Bestandteil des seelsorgerischen Konzeptes der Einrichtung und rundet das Angebot, das Pfarrer Franz-Josef Schubert, die Ordensschwestern der Kongregation der  barmherzigen Schwestern des hl. Vinzenz von Paul in Hildesheim und das Pflegepersonal der Einrichtung bieten, ab.

„Pflege und Seelsorge gehören für uns fest zusammen“, sagt Andrea Rebber, Pflegedienstleiterin im Altenpflegeheim St. Paulus. Nicht zuletzt durch die Nähe zum Mutterhaus der Ordensschwestern, die dadurch täglich präsent sind und stets ein offenes Ohr und freundliche Worte für die Bewohner und das Personal haben. „Die Schwestern stehen für Barmherzigkeit wie beinahe niemand anderes“, sagt Rebber.

Es sind aber auch die Mitarbeiter des Altenpflegeheims, die maßgeblich zur christlichen Atmosphäre des Hauses beitragen. „Unsere Pflegekräfte versorgen unsere Bewohner nicht nur, sie schätzen sie als Individuum“, erklärt Rebber. Doch die steigenden Anforderungen im Pflegebereich, lassen dem Mitarbeiter nicht immer die Zeit, sich gerade bei Schwerstkranken auch um die seelischen Bedürfnisse zu kümmern. „Hier ergänzen uns unser Brückendienst-Team und Pfarrer Schubert  hervorragend“, erklärt Rebber. Mit viel Einfühlungsvermögen und einem guten Gespür dafür, was der Mensch in seiner Situation braucht, wenden sie sich den Bewohnern zu.

Birgit Lichtenstein engagiert sich seit acht Jahren im Brückendienst. „Es ist wichtig zu spüren, was der Bewohner möchte, und was die Angehörigen leisten können“, sagt die gelernte Krankenschwester. Ziel sei es, die letzten Stunden des Menschen, so würdevoll wie möglich zu gestalten. „Dabei gehen wir sehr sensibel vor und versuchen auch, die Angst vor dem Tod zu nehmen“, ergänzt sie. Denn oftmals hätten die Menschen Hemmungen, besonders mit ihren Angehörigen, über dieses Thema zu sprechen. „Dann nehmen wir eine Vermittlerrolle ein“, erklärt Lichtenstein. 

Unterstützung für ihre Arbeit und der eigenen Seelsorge erfahren die Ehrenamtlichen des Brückendienstes von Pfarrer Schubert. Der 79-jährige Geistliche übernahm vor acht Jahren die Aufgabe des Hausgeistlichen im St. Paulus. Neben den Messen, die täglich außer samstags um 9.30 Uhr in der hauseigenen Kapelle stattfinden und im Haus-Radio auf die Zimmer übertragen werden,  steht er Bewohnern und Mitarbeitern des Heims in allen geistlichen Angelegenheiten zur Seite.

„Der Tod eines Menschen geht nicht nur den Angehörigen sehr nahe“, weiß Schubert. Oft haben sich über die Zeit feste Beziehungen zu anderen Heimbewohnern und zum Pflegepersonal entwickelt. Daher bietet er den Bewohnern und dem Personal des Heims Verabschiedungsfeiern an, wenn jemand im St. Paulus verstirbt. „Natürlich sind auch die Angehörigen dazu gern gesehen“, sagt er. Doch meist sitze ihre Trauer noch zu tief und sie nehmen nicht daran teil.

Für die Angehörigen bieten Pfarrer Schubert und das Altenpflegeheim St. Paulus zweimal im Jahr ein sogenanntes Auferstehungsamt – eine festliche Messe – an. „Hierzu werden alle Hinterbliebenen der Verstorbenen eingeladen“, informiert der Geistliche. Der Gottesdienst biete noch einmal die Chance, gemeinsam die Trauer zu verarbeiten. „Während der Messe verlesen wir die Namen der Verstorbenen und entzünden für jeden eine Kerze“, informiert er. Viele nehmen dieses Angebot gerne an.

„Die Möglichkeit Abschied zu nehmen ist für uns sehr wichtig“, sagt Lichtenstein. Sie ist daher dankbar für das Angebot des Geistlichen. „So haben auch wir die Chance zur Ruhe zu kommen und loszulassen, um uns gestärkt neuen Aufgaben zu zuwenden“, erklärt sie.

Pfarrer Franz-Josef Schubert während eines Auferstehungsamtes. Für die Verstorbenen werden Teelichter entzündet.